Lloyd HimaamboChina is taking over Africa

Lloyd Himaambo zur Situation Sambias und Afrikas

Am 6. März hatte das Antikriegshaus den Journalisten Lloyd Himaambo aus Sambia zu Gast, der seit kurzem von der „Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte“ betreut wird.

Lloyd Himaambo ist Herausgeber und Autor der Online-Zeitung „Zambian Watchdog“, die wegen ihrer kritischen Berichterstattung von Regierung und Justiz immer wieder zensiert und mit Strafverfahren überzogen wird. Ihr Büro wurde zerstört, die Mitarbeiter mit dem Tode bedroht. Himaambo, der aus bäuerlichen Verhältnissen in Sambia stammt und früh zu einem kritischen Journalismus fand, blieb ebenso wie einigen Kollegen aufgrund der Verfolgung zum Schluss nur die Flucht ins Ausland. Er fand schließlich 2011 Zuflucht bei der „Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte“.

Himaambo gab im ersten Teil der Veranstaltung Auskunft zu seinem journalistischen Werdegang und die Verfolgung des „Zambian Watchdog“ als unabhängiger Plattform politischer Berichterstattung.

Danach schilderte er die politische Situation in Sambia. Das Land war lange als Nordrhodesien (britisches Protektorat) bekannt und wurde 1964 unabhängig. Lange Zeit wurde das Land unter einer Einparteienherrschaft geführt, die reichen Kupfervorkommen bescherten dem Land einen gewissen Reichtum, da die Bergwerke teilweise verstaatlicht gewesen seien. Allerdings sei die Wirtschaft zu sehr auf Kupfer ausgerichtet gewesen. Die Wirtschaftskrise durch steigende Ölpreise und fallende Kupferpreise hätten Anfang der 1990er Jahre politische Veränderungen gebracht. Die ersten demokratischen Wahlen fanden 1990 statt. Als Hauptproblem identifizierte Himaambo die grassierende Korruption, die später von Präsident Mwanawasa (2002 – 2008) bekämpft wurde. In dessen Amtszeit seien viele Politiker wegen Korruption angeklagt und verurteilt worden. Der aktuelle Präsident Banda nahm allerdings viele Verurteilungen wieder zurück. So sei auch heute die Korruption der Machteliten das größte Problem Sambias, das eine positive Entwicklung des rohsteoffreichen und fruchtbaren Landes verhindere.

Vor diesem Hintergrund habe sich die soziale Situation in den letzten Jahren enorm zugespitzt: Die Armut erreiche mittlerweile unvorstellbare Ausmaße. Obwohl das Land reiche Bodenschätze besitze und fruchtbares Land, lebten 68% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze und die Lebenserwartung sei von 65 Jahre auf 42 Jahre gesunken. Die Wirtschaftskrise aufgrund des fallenden Weltmarktpreises für Kupfer führte direkt in die Schuldenfalle. IWF und Weltbank machten für die Vergabe neuer Kredite in der Vergangenheit Liberalisierungs- und Deregulierungsmaßnahmen im Rahmen neoliberaler Wirtschaftsprogramme zur Bedingung. So mussten die Kupferbergwerke privatisiert und Sozialleistungen gekürzt werden. In der Rückschau gäbe es selbst bei der Weltbank eine kritische Einschätzung der eigenen Vorgangsweise.

Seit 5 Jahren, so Lloyd Himaambo, kauften sich chinesische Firmen in die sambische Wirtschaft ein und dominierten diese. Die sozialen Standards in den Bergwerken seien dadurch noch weiter gesunken. Auch die Landwirtschaft lohne sich trotz der guten Böden für viele Bauern nicht mehr, da sie mit den billigen Importen aus dem Ausland nicht mithalten könnten. Das Land werde von außen dominiert und in Armut gehalten, weil weder die notwendigen Investitionen, u.a. auch in die Infrastruktur, getätigt noch die Menschen vernünftig ausgebildet würden. Auch die medizinische Versorgung sei sehr schlecht und 45% der Menschen unterernährt.

Armut und Korruption, so Lloyd Himaambo, könnten zum Aufstand führen. Er verglich sein Land mit den nordafrikanischen Ländern, in denen die Menschen zur Zeit die alten Eliten aus ebendiesen Gründen davonjagten. Im Nachbarland Angola gäbe es schon Unruhen, die leicht auf Sambia überspringen könnten. Lloyd Himaambo sah keine Alternative zu einer Revolution gegen die herrschenden Machteliten, machte jedoch wenig Hoffnung, dass diese friedlich verlaufen könne. Die Beharrungskräfte der herrschenden Eliten schätzte er hierfür zu groß ein.

Die anschließende sehr lebhafte Diskussion drehte sich vor allem um die Ursachen der Armut. Immer wieder kam die Politik von IWF und Weltbank zur Sprache, die versuchten, alle Länder zum Schaden der ärmeren Länder für den Welthandel zu öffnen und für Privatisierung der Ressourcen und Abbau von Hilfen für die Armen verantwortlich seien. Himaambo betonte jedoch in diesem Zusammenhang erneut, dass die Korruption das größte Problem des Landes sei, sah aber auch den negativen Einfluss von außen: „China is taking over Africa“. China sei heute das Hauptproblem Sambias und Afrikas insgesamt, da es sich rücksichtslos Ressourcen und Einfluss zu sichern suche. Himaambo meinte gar, der chinesische Einfluss der letzten Jahre sei bereits jetzt gravierender als die Auswirkungen des europäischen Kolonialismus in der Vergangenheit insgesamt. Es finde hier eine Ausbeutung Afrikas statt; die Menschen würden wie Sklaven behandelt, Proteste gewaltsam beendet.

Von Europa wünsche er sich mehr Unterstützung. Beispielsweise bei der Arbeit der Justiz gegen die Korruption. Auch seien mehr europäische Investitionen in die Wirtschaft wünschenswert, um nicht dem chinesischen Einfluss ausgeliefert zu sein. Und auch die politische Zurückhaltung Europas vor dem Hintergrund der kolonialen Bürde fand Lloyd Himaambos Zustimmung vor diesem Hintergrund nicht.

Insgesamt war es eine sehr spannende Veranstaltung, die einen Blick über den europäischen Tellerrand in die armen Weltteile erlaubte. Zu danken ist Lloyd Himaambo, der uns diese Einblicke gewährte, und auch Klaus Burckhardt von der Arbeitsstelle Friedensarbeit im Haus kirchlicher Dienste, der die schwierige Aufgabe des Übersetzens leistete.

(Berndt Waltje/Elvin Hülser)

Atomkraftwerke jetzt stilllegen! Kein Spiel auf Zeit!


Die ersten Veranstaltungen des neuen Jahre stehen ganz im Zeichen der Begegnung mit beeindruckenden Persönlichkeiten. Doch diese Persönlichkeiten und die Preisträgerin der Sievershäuser Ermutigung, María Isabel Gámez, verbeindet mehr als das: Alle drei sind sie gute und kritische Journalisten, alle drei haben Verfolgung und Diskriminierung erlebt bzw. erleben diese noch, alle drei stehen auch für Presse- und Meinungsfreiheit.

Das Veranstaltungsjahr 2010 schloss mit einem Höhepunkt in unserer Vereinsarbeit ab, der Verleihung der Sievershäuser Ermutigung 2010 an María Isabel Gámez am 12. Dezember. Die positiven Resonanzen auf die Veranstaltung lassen uns hoffen, dass wir einer beeindruckenden Preisträgerin einen angemessenen Rahmen geboten und ihr eine echte Ermutigung mit auf den weiteren Weg geben konnten. Ich persönlich fühle mich jedenfalls durch Persönlichkeiten wie Frau Gámez ermutigt, die mit viel Lebensfreude ihren oftmals schwierigen Weg gehen.

Einen schwierigen Weg musste auch Ruth Weiss gehen. Die Veranstaltung mit der Schriftstellerin und Journalistin Ruth Weiss setzt die Tradition der Zeitzeugen-Veranstaltungen mit Holocaust-Überlebenden des Antikriegshauses fort und eröffnet zugleich den Blick auf eine bewegte und bewegende Biographie einer beeindruckenden Persönlichkeit. Sie ht diesen Lebensweg mitsamt seiner Prägungen einmal so zusammengefasst: "Wie man durch Zufall auf Fürth bei Nürnberg nach Johannesburg kommt, smit den Holocaust überlebt, dabei politisiert wird und es für sein Leben lang bleibt, genauso, wie man auch im Exil bleibt, im ewigen Exil des Außenseiters" (1979).

Der dritte Journalist, den wir Ihnen innerhalb kürzester Zeit vorstellen wollen, ist Lloyd Himaambo aus Sambia - und auch er befindet sich momentan aufgrund politischer Verfolgung im Exil. Gegen seinen eigentlichen Wunsch, aber auch zu seiner Sicherheit.

Mit den besten Wünschen für das Jahr 2011 und auf bald im Antikriegshaus.

Ihr Elvin Hülser (Vorsitzender)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde!

Auf aktuelle Bezüge angesichts des 25. Jahrestages der Atomkatastrophe von Tschernobyl hätten wir gerne verzichtet. Doch in diesen Stunden ist vor dem Hintergrund des verheerenden Erdbebens in Japan noch unklar, ob ein GAU in den Kernkraftwerken im Krisengebiet verhindert werden kann. Was ‚Restrisiken‘ in der Konsequenz für die Menschen bedeuten können, machten bereits die Folgen von Tschernobyl deutlich.

Das Projekt Heim-statt Tschernobyl versucht seit vielen Jahren, mit diesen Menschen zusammen einen Weg aus der Katastrophe zu finden. Zu einem Friedensfest möchten wir Sie am 22. Mai einladen, wenn in Jamaica bei der Internationalen Ökumenischen Friedenskonvokation über Ergebnisse und Perspektiven der Dekade zur Überwindung von Gewalt nachgedacht wird.

Der Überwindung von Gewalt hat sich auch Father Michael Lapsley verschrieben, den wir am 8. Juni im Antikriegshaus erwarten. Selbst Gewaltopfer, setzt er sich heute weltweit für Versöhnung zwischen den Menschen ein. Dabei hat er die Grundlagen echter Versöhnung zwischen Menschen im Blick.

Auf bald im Antikriegshaus!

Elvin Hülser (Vorsitzender)

Elvin Hülser für die Junge Kirche: 
Verschwörungsdenken - Weltdeutung im Zeichen der Schuld

Demonstranten tragen Fotomontagen Angela Merkeis, Karl Lauterbachs, Christian Drostens oder der Journalistin Dunja Hayalis in Sträflingskleidung und mit dem Stempel "SCHULDIG" vor sich her. So vielfach gesehen auf sog. "Querdenker"-Demonstrationen und bei Corona-Protesten.Vertreter aus Politik,Wissenschaft und Medien werden zu "Schuldigen" im Range von Schwerkriminellen erklärt, der Protest richtet sich gegen "die Eliten", gegen eine angeblich korrupte Wissenschaft und "Big Pharma", gegen eine als "System-" oder "Lügen presse" herabgewürdigte Medienlandschaft, der per se Falschinformation und Propaganda unterstellt wird. Mit anderen Worten wird die Schuldfrage eingelagert in die Behauptung einer umfassenden Verschwörung.

Bausteine von Verschwörungstheorien Behauptet wird die Existenz von Verschwörern, die absichtsvoll handeln und die die Macht haben, die Dinge in ihrem Sinne zu beeinflussen und dabei unerkannt zu bleiben. Sie tun dies zum Schaden Dritter (bspw. einer Bevölkerungsgruppe oder des Volkes). Das bedeutet gleichzeitig, dass Dinge und Ereignisse nicht zufällen unterliegen, sondern stets von jemandem beabsichtigt sind. Aus dieser Tendenz zur Personalisierung folgt, dass mit schuldzuschreibungen im Zusammenhang der Erklärung politischer und gesellschaftlicher Ereignisse operiert wird.

Worin besteht nun aber die "schuld" der "im Namen des Volkes" angeklagten? Darin, Corona als Pandemie und Krankheitserreger ernst zu nehmen und im Modus von Versuch und Irrtum sowie unter Abwägung von Gesundheitsrisiken gegenüber anderen Zielen einen Maßnahmenweg durch die Pandemie zu versuchen? Nein, um Verantwortung in diesem Sinne geht es diesen Demonstranten eher nicht. Es geht tatsächlich um den normativ und emotional aufgeladenen Begriff der persönlichen Schuld. Im Verständnis der Querdenker und Coronaleugner wird der Schuldbegriff zu einem absoluten Begriff und damit auch zu einer (politischen) Waffe. Es ist als solcher ein verschwörungstheoretisch geprägter schuldbegriff, nicht ein ethisch geprägter, da er sich auf Abwägungen in den Graubereichen menschlichen Handeins gar nicht erst einlässt. Er fällt moralische Urteile wie mit dem Fallbeil und zeugt von der Radikalisierung des Denkens derer, die ihn verwenden. Dieses verschwörungstheoretische schuldverständnis unterstellt stets absichtsvolles Handeln und führt alle Ereignisse und Begebenheiten von Bedeutung auf das intendierte Handeln machtvoller Akteure zurück: Die Welt, in der wir leben, ist eine Welt ohne Zufälle. Sie ist von diesen Verschwörern gewollt - in diesem Sinne sind sie Schuldige und Kriminelle.

 

 

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Antikriegshaus Sievershausen 
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