Letzte Chance für Europa
Letzte Chance für Europa. So ist das neue Friedensgutachten überschrieben. Die Erwartungen sind groß, wenn die Bundesregierung am nächsten Mittwoch für sechs Monate den Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernimmt.
Wird die Europäische Union „die Sprache der Macht“ lernen und ihre Interessen in Zukunft auch mit Waffenlieferungen durchsetzen, wie es der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell fordert, oder erhält Europa als Friedensprojekt eine neue Chance? Auch darum wird es in den nächsten Monaten gehen. Die Aufzeichnung unseres Online-Dialogs zu dieser Kontroverse „Frieden schaffen auch mit Waffen?!“ können sie jetzt anschauen.
Im Schatten der Pandemie drohen die Friedensgefährdungen jenseits Europas aus dem Blick zu geraten, warnen die Friedensforscher*innen in ihrem Gutachten. Wir haben hingeschaut und hingehört, welche Auswirkungen die Pandemie für die internationale Friedensarbeit hat. Wir berichten aus Ammann und Beirut, aus dem Kosovo und von den Philippinen.
Klares Nein aus der evangelischen Friedensarbeit zu bewaffneten Drohnen
Pressemitteilung der EAK und der AGDF
Die evangelische Friedensarbeit hat die Ankündigung aus der SPD, einem Einsatz bewaffneter Drohnen durch die Bundeswehr scharf kritisiert und die Bundesregierung erneut aufgefordert, entsprechende Pläne aufzugeben. „Mit einem Einsatz von bewaffneten Drohnen wird eine Grenze überschritten. Denn dann besteht die Gefahr, dass Maschinen über Leben und Tod entscheiden“, warnt Jan Gildemeister, der Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden.
Durch den Einsatz von bewaffneten Drohnen könne die politische Hemmschwelle für einen Waffeneinsatz sinken, befürchtet er. Auch die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für KDV und Frieden sieht einen Einsatz von bewaffneten Drohnen durch die Bundeswehr sehr kritisch. „Drohnen und automatisierte beziehungsweise autonome Waffen stellen Soldaten vor ganz neue Gewissensfragen, die bisher weder in der Truppe noch in der Gesellschaft diskutiert werden“, warnt deren Geschäftsführer Wolfgang M. Burggraf. MEHR
Freiwilligkeit und zivile Friedensdienste sind das Gebot der Stunde
Stellungnahme der Geschäftsführer von AGDF und EAK zu Plänen von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius zur Personalgewinnung
Die Friedensverbände Aktionsgemeinschaft Dienst für die Frieden (AGDF) und Evangelische Arbeitsgemeinschaft für KDV und Frieden (EAK) begrüßen, dass Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius keine Form der allgemeinen Wehrpflicht in Friedenszeiten anstrebt, sondern die Entscheidung für den sogenannten Dienst an der Waffe grundsätzlich freiwillig bleibt. Zugleich setzen sie sich dafür ein, dass zivile Friedensdienste größere Anerkennung und Unterstützung durch Staat und Gesellschaft erfahren.
Nach Pistorius soll der Wehrdienst attraktiver gemacht werden. Die Friedensverbände weisen nachdrücklich darauf hin, dass diese Entscheidung in vollem Bewusstsein dessen getroffen werden muss, was der Beruf als Soldat oder Soldatin mit sich bringt. Daher ist nicht nur der Dienst und die Ausbildung an der Waffe für unter 18-Jährige abzulehnen, sondern auch die Rekrutierung Minderjähriger. Insofern ist wichtig, dass junge Menschen nur nach Vollendung ihres 18ten Lebensjahres angeschrieben werden. Öffentliche Äußerungen auch aus Kreisen der Union deuten darauf hin, dass die von Bundesminister Pistorius vorgestellten Maßnahmen wie eine Wehrerfassung und die Musterung von jungen Menschen, die sich freiwillig für einen Wehrdienst entscheiden, nur ein erster Schritt sind und weitere Schritte nach der Bundestagswahl 2025 zu erwarten sind.
In jedem Fall muss aber gewährleistet sein, dass die reale Möglichkeit nach GG Art. 4 Abs. 3 den Kriegsdienst zu verweigern allen Betroffenen offensteht, auch und gerade für den Spannungs- und Verteidigungsfall. Die Friedensverbände begrüßen ausdrücklich die dahingehende Aussage von Minister Pistorius in der Bundespressekonferenz. Mitglieder der EAK in den evangelischen Landes- und Freikirchen werden auch weiterhin all diejenigen beraten, die einen Dienst an der Waffe nicht vor ihrem Gewissen verantworten können.
Wir stehen weltweit vor enormen Herausforderungen, die die menschliche Existenz bedrohen. So nimmt die Zahl globaler Krisen inkl. Klimaveränderung und -flucht und der mit militärischer Gewalt ausgetragenen Konflikte weltweit zu. In Deutschland erleben wir eine Gefährdung der Demokratie und der gesellschaftlichen Solidarität sowie die Aushöhlung von Menschenrechten wie beim Recht auf Asyl.
Ein rein sicherheitspolitischer Blick greift hier nicht nur zu kurz, sondern verhindert umfassende Lösungswege. Daher lehnen die beiden Friedensverbände ab, dass Jugendoffiziere der Bundeswehr in Schulen zu politischem Unterricht herangezogen werden, auch wenn sie nicht unmittelbar Personalwerbung für die Bundeswehr betreiben dürfen.
Eine adäquate Antwort auf die beschriebenen Herausforderungen weltweit ist die Stärkung ziviler Friedens- und Freiwilligendienste. Wir brauchen mehr Friedensfachkräfte wie die im Zivilen Friedensdienst, die eingebettet in die Arbeit von zivilgesellschaftlichen Partnern weltweit einen Beitrag zur gewaltlosen Konflikttransformation leisten. Und wir brauchen mehr Menschen, die sich freiwillig engagieren, für ein Jahr einen Dienst für die Gesellschaft in Deutschland oder weltweit zu leisten. Die Fokussierung der augenblicklichen politischen Debatte auf die Truppenstärke der Bundeswehr und den Aufbau von Reservestrukturen der Armee ist nicht dienlich beim Aufbau einer friedenstüchtigen Gesellschaft, die wir brauchen.
Jan Gildemeister – Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF)
Wolfgang Max Burggraf – Geschäftsführer der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK)
Pressemitteilung von AGDF und EAK
Jochen Cornelius-Bundschuh ist neuer Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden
Dr. Jochen Cornelius-Bundschuh ist der neue Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF). Der frühere badische Landesbischof wurde auf einer Mitgliederversammlung in Berlin-Spandau einstimmig gewählt. Er ist Nachfolger von Christine Busch aus Düsseldorf, die seit 2017 an der Spitze des Friedensverbandes stand. „Ich freue mich auf die neue Aufgabe, aber es ist auch eine Herausforderung“, betonte Jochen Cornelius- Bundschuh nach der Wahl. Frieden sei für ihn schon lange ein sehr wichtiges Thema. „Es ist immer auch die Auseinandersetzung und die Spannung zwischen militärischer und ziviler Verteidigung“, macht er deutlich. Die Eindrücke von der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 hätten ihn geprägt, aber auch 2022 der russische Überfall auf die Ukraine. „Die Reaktionen auf diese Ereignisse machen diese Spannung deutlich“, ist der neue AGDF-Vorsitzende überzeugt. Dabei freue er sich auch auf die Debatten in dem Friedensverband. „Die AGDF spiegelt die Vielfalt der Friedensarbeit wider, aber sie ist auch der Raum für Debatten zu friedenspolitischen Themen“, so Jochen Cornelius-Bundschuh. Verabschiedung von Christine Busch Auf der Mitgliederversammlung wurde Christine Busch verabschiedet. Die frühere Ökumene-Dezernentin im Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche im Rheinland. Antje Heider-Rottwilm von Church and Peace würdigte die langjährige AGDF-Vorsitzende für ihre Beharrlichkeit, ihren großen Fleiß, ihre Kompetenz, die Neuer Vorstand, von links: Rainer Gertzen, Elvin Hülser, Megan Rosenwink, Christof Starke, AGDF-Geschäftsführer Jan Gildemeister und Jochen Cornelius-Bundschuh. Es fehlt Ali Al-Nasani. |
Die scheidende Vorsitzende Christine Busch und ihr Nachfolger Jochen Cornelius-Bundschuh
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Dr. Anthea Bethge verlässt EIRENE nach zwölf Jahren als Geschäftsführerin
Cochem/Neuwied. Auf der Mitgliederversammlung im Rahmen des EIRENE-Pfingstreffens in Cochem an der Mosel wurde Ali Al-Nasani als neuer Geschäftsführer gewählt. Er tritt damit die Nachfolge von Dr. Anthea Bethge an, die nach zwölf Jahren in diesem Amt nicht mehr zur Wahl stand. Der Vorstand bedankte sich bei Dr. Anthea Bethge für die geleistete Arbeit und wünschte ihrem Nachfolger alles Gute in dem neuen Amt.
Die EIRENE Vorstandsmitglieder Hauke Steg (4. von links) und Tahirou Sy (1. von links) verabschieden Dr. Anthea Bethge als nun ehemalige Geschäftsführerin und begrüßen Ali Al Nasani herzlich als neuen Geschäftsführer. Foto: Thorsten Klein
Ali Al-Nasani ist geboren und aufgewachsen in Bonn, er hat für verschiedene Abgeordnete im Bundestag und im Europaparlament im Bereich Menschenrechte gearbeitet. Darüber hinaus war er Referent für Lobbyarbeit und Internationale Kommunikation bei Amnesty International in Berlin. In den vergangenen zehn Jahren hat er in Kambodscha gearbeitet. Zunächst war er der Büroleiter der Heinrich Böll Stiftung in Phnom Penh mit den Arbeitsschwerpunkten Frauenrechte, Jugendförderung, Indigene und Landrechte. Zuletzt war er Büroleiter des schwedischen Raoul Wallenberg Instituts in Kambodscha mit dem Schwerpunkt Menschenrechtsforschung und -bildung.
„Achtung und Schutz der Menschenrechte sind die Basis für Frieden, so wie umgekehrt nur im Frieden die Menschenrechte durchgesetzt werden können.“, so Ali Al-Nasani. „In Zeiten von Krieg und wachsenden Militärausgaben muss das Engagement für Friedensprojekte verstärkt werden“, so Al-Nasani weiter. „Friedensprojekte sind nicht das Sahnehäubchen der Entwicklungszusammenarbeit, sondern unabdingbarer Bestandteil einer nachhaltigen auswärtigen Politik“
Inhaltlich beschäftigte sich das diesjährige EIRENE-Pfingsttreffen mit der Frage, wie ein Freiwilligendienst mit EIRENE den Sprung in weiteres soziales und politisches Engagement ermöglicht. Karla Mendez, ehemalige EIRENE-Freiwillige präsentierte ihren Werdegang: „Der Freiwilligendienst hat meinen Blick auf die Welt verändert und mich von der Notwendigkeit des sozialen und politischen Engagements überzeugt“.
Zusätzlich bekamen die 130 Teilnehmenden durch die EIRENE-Koordinatoren und Koordinatorinnen aus Afrika und Lateinamerika einen lebendigen Einblick in den EIRENE-Friedensdienst. Sie zeigten eindrucksvoll wie sie von Bujumbura (Burundi) bis nach El Alto (Bolivien), von Friedensjournalismus, über Kinderrechte zu Ernährungssicherheit Konflikte gewaltfrei bearbeiten. Vorstandsmitglied Tahirou Sy betonte abschließend: „Wir brauchen einen neuen Blick auf post-koloniale Machtstrukturen in der Entwicklungskooperation. Nur durch einen rassismuskritischen Veränderungsprozess können sich alle Beteiligten auf Augenhöhe begegnen, um nachhaltige Verbesserung zu bewirken.“
AGDF/PM EIRENE neuer Geschäftsführer.pdf