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AGDF: „Wir verurteilen den Hass und stehen an der Seite Israels“
Die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) hat angesichts der jüngsten Zuspitzung des Nahost-Konflikts Deutschland und alle Staaten aufgerufen, sich unter Einbezug der Vereinten Nationen für eine Deeskalation der bewaffneten Auseinandersetzungen, für politische Verständigung und für eine nachhaltige Lösung des Konfliktes einzusetzen, damit ein selbstbestimmter Frieden möglich wird.
„Wir sind entsetzt über die grausamen Terrorangriffe der Hamas. Die islamistische Hamas hat Eltern, Kinder, Babys, alte Menschen abgeschlachtet, vergewaltigte Frauen zur Schau gestellt und Geiseln misshandelt. Diese Verbrechen dürfen niemals relativiert werden; die unfassbare Gewalt gegen Zivilistinnen und Zivilisten ist durch nichts zu rechtfertigen“, betont Christine Busch, die AGDF-Vorsitzende. Die AGDF fordere die Hamas auf, alle Geiseln freizulassen und die Gewalt zu beenden, macht sie klar und erklärt: „Wir verurteilen den Hass, der Israel das Existenzrecht abspricht. Wir stehen an der Seite Israels.“
„Unsere Solidarität gilt den Menschen in Israel, vor allem den von Terror und Verschleppung Betroffenen und ihren Angehörigen. Wir sind in großer Sorge um die Geiseln und um wehrlose Zivilistinnen und Zivilsten, die als menschliche Schutzschilde missbraucht werden“, betont auch Jan Gildemeister, der AGDF-Geschäftsführer. Israel sei völkerrechtlich legitimiert, gegen die Kämpfer der Hamas im Gazastreifen vorzugehen, allerdings führe eine Totalblockade in eine humanitäre Katastrophe, mahnt der Friedensverband. „Wir appellieren an die israelische Regierung, das Völkerrecht einzuhalten. Allen, die humanitäre Hilfe leisten und den Opfern der Gewalt beistehen wollen, muss ein sicherer Zugang ermöglicht werden“, fordert Gildemeister. Und auch die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen, die unter dem Hamas-Regime und der israelischen Blockade leide, brauche humanitäre Unterstützung.
Besorgnis äußert die AGDF über den wachsenden Antisemitismus in Deutschland. So zeige der Brandanschlag auf eine Synagoge in Berlin, dass Anfeindungen gegen jüdische Menschen zunehmen und deren Sicherheit verstärkt geschützt werden müssten. „Unsere Solidarität gilt den jüdischen Menschen in unserem Land. Und unsere Ablehnung gilt denen, die den Terror der Hamas feiern“, unterstreicht die AGDF-Vorsitzende Christine Busch. Dabei sei der AGDF wichtig, dass das Versammlungsrecht für alle die gelte, die gewaltfrei für die Anliegen der Palästinenserinnen und Palästinenser eintreten würden, allerdings ohne Anfeindungen Israels und antisemitische Äußerungen, so die AGDF.
Der Friedensverband weist darauf hin, dass sich Mitgliedsorganisationen der AGDF seit vielen Jahren in Israel und den palästinensischen Gebieten engagieren würden, so die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, der ICJA-Freiwilligenaustausch, die KURVE Wustrow, der Weltfriedensdienst sowie der deutsche Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes. „Die AGDF ist getragen von der Überzeugung, dass militärische Gewalt keinen Frieden bringen kann. Aus Gewalt entsteht weitere Gewalt. Frieden, Freiheit und Sicherheit lassen sich nicht mit Gewalt erzwingen – weder für Israel noch für Palästina. Dies hat sich in den letzten Jahren immer wieder sehr deutlich gezeigt“, so AGDF-Geschäftsführer Jan Gildemeister. Unter den AGDF-Mitgliedern bestehe große Einigkeit in der Verurteilung des Terrors der Hamas. Zugleich gebe es aber auch unterschiedliche Perspektiven auf den Nahost-Konflikt. „Die AGDF sieht hier ihre Aufgabe darin, den inhaltlichen Austausch unter den Mitgliedern zu fördern, die Vision eines gerechten Friedens und die Praxis gewaltfreier Konfliktbearbeitung öffentlich zu vertreten“, so Gildemeister.
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EKD-Ratsvorsitzende: Gerade in Kriegszeiten ist es wichtig, auch nach zivilen Wegen zum Frieden zu suchen
Die EKD-Ratsvorsitzende und Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, hat die Arbeit der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) gewürdigt. In einem Grußwort, das per Video an die Mitgliederversammlung der AGDF, die in Dortmund tagte, übermittelt wurde, machte sie deutlich, dass gerade in Zeiten einer militärischen Aufrüstung es auch wichtig sei, nach zivilen Wegen zum Frieden zu suchen und nicht zu eng vom Frieden zu reden. Es gehe um ein Shalom, das mehr sei als das Schweigen von Waffen.
Die EKD-Ratsvorsitzende unterstrich, dass es gerade in diesen Zeiten als Friedensbewegte, als Friedensbesorgte, als Christinnen und Christen, aber auch als Mitglieder einer wachen Zivilgesellschaft wichtig sei, um den Frieden zu ringen. „Wir müssen im Gespräch bleiben. Denn es gilt mehr denn je, Perspektiven zu teilen, Kräfte zu bündeln, aber auch Dissense auszutragen und gemeinsam aktiv zu werden“, machte Annette Kurschus deutlich. Die AGDF tue dies in vorbildlicher Weise, betonte die Ratsvorsitzende.
Der 24. Februar 2022 habe friedensethische Gewissheiten ins Wanken gebracht, gab die westfälische Präses zu bedenken. Angesichts des unsäglichen Krieges Russlands gegen die Ukraine sei die evangelische Kirche gezwungen, bei allen Gemeinsamkeiten neu darüber zu streiten, ob und inwieweit in diesem völkerrechtswidrigen Krieg der Einsatz und die Lieferung von Waffen geboten sei. Sie habe sich für gut abgewogene Militärhilfen an die Ukraine ausgesprochen, aber zugleich auch die Notwendigkeit betont, nach jeder noch so kleinen Möglichkeit für Verhandlungen zu suchen und diese zu nutzen, meinte die EKD-Ratsvorsitzende. „Und ich habe zugleich auch stets Respekt bekundet und eingefordert für diejenigen, die auch und gerade jetzt kein Ja zu Waffen und Waffenlieferungen sagen können. Dabei bleibe ich, wie auch bei meiner Überzeugung, dass nie der Krieg, sondern nur der Frieden gewonnen werden kann“, machte Annette Kurschus deutlich. Angesichts der andauernden Diskussionen um weitere Waffenlieferungen sei sie irritiert, dass die viel grundsätzlichere Frage, wann die Waffen denn wieder schweigen könnten, kaum noch auftauche, mahnte die EKD-Ratsvorsitzende. „Sind wir weniger ungeduldig geworden für den Frieden?“, fragte sie in ihrem Grußwort.
Dabei hinterfragte sie auch die geplanten Haushaltskürzungen in den Bereichen der Friedens- und Freiwilligendienste. „Ausgerechnet jetzt?“, so Annette Kurschus und bezweifelte, ob dies der richtige Weg sei. „Gemeinsam stark in Krisen“, so lautete das Motto des Studientages der AGDF im Rahmen der Mitgliederversammlung in Dortmund. „Das Handeln der AGDF wird von Hoffnungsperspektiven bestimmt. Das sind der Gedanke an ein Shalom am Heilsein von Menschen, Gemeinschaft und Schöpfung, aber auch das Verständnis von Menschenwürde als Grundlagen für Friedenshandeln. Und schließlich auch die verlässliche Arbeit an einer Kultur des Friedens“, machte die AGDF-Vorsitzende Christine Busch deutlich. Den alltäglichen Erfahrungen von Unfrieden, Ungerechtigkeit und Gewalt stehe aber auch ein starker Resilienz-Gedanke gegenüber, fügte sie hinzu. „Doch das Vertrauen auf die Kraft der Gewaltfreiheit, die Solidarität mit den Opfern, der Geist der Hoffnung und der Zusammengehörigkeit über die Grenzen von Herkunft, Kultur und Religion hinweg machen frei, weiterzugehen auf dem Weg des Friedens“, so Christine Busch.
Das Selbstverständnis der AGDF als Dachverband mit der Zielsetzung „Dienst für den Frieden“ verbinde drei Ebenen: evangelische Kirchen, ökumenische Bewegung und internationale Menschenrechtsarbeit. Als Fachverband für Friedensarbeit und Friedenspolitik ziele die AGDF auf Qualifizierung und Aktualisierung christlichen Friedenshandelns, sie berufe sich auf enge Zusammenarbeit und Partnerschaft mit den Kirchen sowie auf die im Gegenüber zu den verfassten Kirchen eigenen Aufgaben und Arbeitsfelder, betonte die AGDF-Vorsitzende in Dortmund.
Bei der Mitgliederversammlung der AGDF wurde der Vorstand des Friedensverbandes um zwei Beisitzende verstärkt. Gewählt wurden in Dortmund als neue Vorstandsmitglieder Megan Rosenwink, die Geschäftsführerin von Mennonite Voluntary Service – Christliche Dienste, sowie Elvin Hülser, der Geschäftsführer der Dokumentationsstätte zu Kriegsgeschehen und über Friedensarbeit Sievershausen - Antikriegshaus. Die nächsten regulären Vorstandswahlen sind im nächsten Jahr.
Die Mitgliederversammlung bat schließlich angesichts der kritischen Situation der Freiwilligendienste und derbreiten öffentlichen Diskussion den Rat der EKD, wieder eine oder einen Beauftragten für Freiwilligendienste zu berufen.
Der Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), Jan Gildemeister, hat davor gewarnt, Aufrüstung als selbstverständlich hinzunehmen und nicht ausführlich über sie zu debattieren. „Wir erleben derzeit weltweit immense Aufrüstungsspiralen, ohne dass es dazu öffentliche Diskussionen über deren Notwendigkeit oder über Alternativen gibt“, kritisiert Gildemeister.
Dabei sieht der AGDF-Geschäftsführer massive negative Folgen in der aktuellen Aufrüstung. „Es fehlt an Geld, um die Krisen in der Welt wie Klima und Armut zu bekämpfen“, mahnt er. Und gerade diese Krisen seien oft wesentliche Ursachen für Konflikte, die zu kriegerischen Auseinandersetzungen führen könnten, was wiederum den Ruf nach mehr Waffen bedeute, gibt er zu bedenken. Und: „Die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen steigt mit der Zunahme der Waffen in der Welt und deren Modernisierung.“
Als besonders heikel sieht Jan Gildemeister die Entwicklung bei den Nuklearwaffen. „Die sogenannte atomare Abschreckung funktioniert durch immer modernere Waffensysteme immer schlechter, da die Vorwarnzeiten immer kürzer werden und damit die Entscheidung, sich mit Nuklearwaffen zu verteidigen, immer schneller getroffen werden muss“, gibt er zu bedenken. Und der AGDF-Geschäftsführer ist sich sicher, dass, solange diese Waffen nicht wie chemische oder biologische Waffen völkerrechtlich geächtet werden und alle Staaten gemeinsam gegen ihre Verbreitung vorgehen, es immer wieder Staaten geben wird, die Atomwaffen besitzen wollen oder davon ihre Sicherheit abhängig machen, wie beispielsweise Nordkorea.
Durch die anhaltende Aufrüstung würden zudem immer mehr Ressourcen in die Waffenproduktion gehen, was zu einer weiteren Knappheit von Rohstoffen führen wird und weswegen auch mehr CO2 in die Luft gesetzt wird, kritisiert Jan Gildemeister. Zudem hätten Rüstungsunternehmen ein großes Interesse daran, ihre Waffen in andere Länder zu verkaufen. „Und diese Waffen gelangen früher oder später in Krisengebiete, wo sie eingesetzt werden, Menschen töten und für eine Verschärfung von Konflikten sorgen“, mahnt der AGDF-Geschäftsführer.
Eine Alternative sei eine weltweite Abrüstung, ist Gildemeister überzeugt. „Nach Ende des Kalten Kriegs zwischen Ost und West gab es zahlreiche Abkommen zur Rüstungsbegrenzung und zur Abrüstung, die aber leider seit 2001 gekündigt wurden, vor allem auch von den USA“, betont der AGDF-Geschäftsführer. Nun seien dringend vertrauensbildende Schritte nötig, ebenso einseitige Abrüstungsschritte von Staaten oder Bündnissen, damit neue Abkommen unter Federführung der Vereinten Nationen geschlossen werden könnten und die Rüstungsspirale unterbrochen werde. „Ziel muss eine massive Abrüstung sein“, ist Jan Gildemeister überzeugt.
Doch über all das werde aktuell nicht in Politik und Gesellschaft diskutiert, die Aufrüstung werde weitgehend widerspruchslos hingenommen, bedauert der AGDF-Geschäftsführer. „Dabei wäre es so wichtig, Debatten darüber zu führen, wofür Militär gebraucht werde, welche zivilen Alternativen es dazu gebe und auch, welche Waffen für welchen Zweck benötigt werden“, gibt er zu bedenken, macht aber auch deutlich: „Ich weiß natürlich auch, dass angesichts des russischen Angriffskriegs mein Aufruf vielfach auf Unverständnis stoßen wird und aktuell weder bei der russischen Regierung noch auf Seite der NATO die Bereitschaft für Gespräche zur Rüstungsbegrenzung oder Abrüstung, geschweige denn über Alternativen zu militärischer Gewalt besteht. Und dennoch: Es muss im Bewusstsein bleiben, dass es Alternativen gibt und dass militärische Gewalt nicht alternativlos ist“, ist Jan Gildemeister überzeugt.