Evangelische Friedensarbeit im Raum der EKD
Öffentlichkeitsarbeit
07.07.23
Bundesregierung plant massive Kürzungen für Jugendfreiwilligendienste
Pressemitteilung der AGDF zu den von der Bundesregierung geplanten massiven Kürzungen für Jugendfreiwilligendienste
In der Koalitionsvereinbarung war 2021 von einer „Stärkung“ der Freiwilligendienste die Rede. Der vom Kabinett beschlossene Haushaltsplan spricht eine andere Sprache: Für 2024 sind für den Haushaltstitel „Jugendfreiwilligendienste“ 25 Millionen Euro weniger eingeplant, für 2025 weitere 15 Millionen Euro. Damit stünden für FSJ, FÖJ und den Internationalen Jugendfreiwilligendienst (IJFD) statt 120 Millionen Euro ab 2024 noch 95 Millionen Euro und ab 2025 nur noch 80 Millionen Euro zur Verfügung. Junge Menschen, die sich für ein Jahr freiwillig engagieren wollen, werden dies nach Ansicht der Träger des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes schnell spüren: Da es sich um überjährige Programme handelt, werden bereits 2024/25 deutlich weniger Interessierte an Freiwilligendiensten teilnehmen können.
Die Träger im IJFD würden die geplanten Kürzungen hart treffen: Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sind noch nicht überwunden, viele internationale Partner sind gefährdet. 2022 kam die massive weltweite Inflation hinzu. Erste Träger mussten ihre Arbeit bereits einstellen.
„Statt dieser Hiobsbotschaft bräuchten die Träger dringend die von der Bundesregierung versprochene Stärkung internationaler Freiwilligendienste, insbesondere eine Erhöhung des seit elf Jahren unveränderten IJFD-Fördersatzes von 350 Euro/Monat“, so Jan Gildemeister. „Dieser Satz deckt bereits jetzt nur rund ein Drittel der realen Kosten ab; der Rest muss durch Spenden, teilweise auch Eigenbeiträge der Einsatzstellen und Freiwilligen eingeworben werden“, erläutert der Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF).
Trotz ihres großen, auch ehrenamtlichen Engagements stehen nun viele Träger am Rande des Abgrundes: „Seit Jahren machen wir bei stagnierender Förderung im internationalen Freiwilligendienst eigentlich unmögliche Dinge möglich, mit viel Kreativität, Selbstausbeutung und einer wahnsinnigen Unterstützung unserer internationalen Partner“, so Stephan Langenberg, Geschäftsführer von ICJA – Freiwilligenaustausch weltweit. Und weiter: „Als ‚Anerkennung‘ dafür nun eine fast 25prozentige Kürzung der Bundesmittel alleine fürs nächste Jahr. Da kommen nun auch wir an unsere Grenzen.“
„Freiwilligendienste tragen auf vielfältige Weise zum solidarischen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und zur Stärkung unserer Demokratie bei. Internationale Freiwilligendienste fördern darüber hinaus Begegnungen und Verständigung, was angesichts der aktuellen Kriege und globalen Herausforderungen nötiger denn je ist“, sagt Jutta Weduwen, Geschäftsführerin von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste. „Die angekündigten Mittelkürzungen muten anachronistisch an und gefährden das zivilgesellschaftliche Engagement massiv.“
Jetzt setzen die Träger und engagierte ehemalige Freiwillige ihre Hoffnungen auf den Deutschen Bundestag, der im Herbst den Haushalt beschließt. Seit März wenden sich vor allem junge Menschen unter dem Motto #MeinFreiwilligesInternationalesJahrerhalten an Bundestagsabgeordnete. Ihnen ist wichtig, dass auch in Zukunft viele junge Menschen so wertvolle Erfahrungen wie sie machen können.
Viele Auslandsfreiwillige haben zudem die Petition Steigerung der Attraktivität der Freiwilligendienste unterstützt, die ein großer Erfolg ist. Statt der erforderlichen 50.000 wurde sie von knapp 75.000 Menschen unterzeichnet, so dass sich der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages mit ihr beschäftigen muss.
Die geplante massive Kürzung der Jugendfreiwilligendienste trifft nicht nur junge Menschen, sondern auch langjährige zivilgesellschaftliche Partnerschaften. Nichtregierungsorganisationen aus Deutschland setzen sich mit ihren Partnern weltweit für Verständigung, soziale Gerechtigkeit, Klima und Umweltschutz sowie für Demokratie ein. Viele Einsatzstellen werden aus Kostengründen keine Freiwilligen mehr aufnehmen können, Einsatzländer fallen weg. Es ist davon auszugehen, dass gerade in einer Zeit voller Krisen die bewährte internationale Zusammenarbeit vielfach nicht fortgeführt werden kann, so die Träger der Freiwilligendienste.
Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg wurde im Juni die von der AGDF eingebrachte Resolution „Internationale Freiwilligendienste stärken“ beschlossen mit folgenden Forderungen an den Bund:
- Die Anerkennung und Wertschätzung internationaler Freiwilligendienste als wichtigen Baustein der persönlichen Entwicklung in Zeiten multipler Krisen sowie ihres Mehrwerts für gesellschaftlichen Zusammenhalt und Demokratieförderung.
- Die Anpassung der Förderung pro Monat im Internationalen Jugendfreiwilligendienst von 350 auf 650 Euro sowie die Erhöhung in der Entsendung des weltwärts Programm um 230 Euro.
- Den bedarfsgerechten Ausbau internationaler Freiwilligendienste und Rechtsanspruch auf angemessene Förderung für ausgewählte Freiwillige.
- Die Sicherstellung der benötigten Mittel in der mittelfristigen Finanzplanung und adäquaten Aufwuchs der Mittel für 2024 und Folgejahre.